Der «Fall Raffainer» offenbart einen Fehler im System – und der HC Davos regelt seine Zukunft
Während der Wechsel von Raeto Raffainer zum SC Bern im Schweizer Eishockey sehr kontrovers diskutiert wird, stellt der HC Davos die Weichen für die Zukunft. Von Rapperswil-Jona kommt der umworbene Verteidiger Dominik Egli. Und der Cheftrainer Christian Wohlwend wird seinen Vertrag verlängern.
Nicola Berger
21.01.2021, 16.21 Uhr
Über den Transfer von Raeto Raffainer von Davos nach Bern wird kontrovers diskutiert.
Über den Transfer von Raeto Raffainer von Davos nach Bern wird kontrovers diskutiert.
Gian Ehrenzeller / Keystone
Der fliegende Wechsel des Davoser Sportchefs Raeto Raffainer zum SC Bern hat für viel Aufregung gesorgt. Der «Tages-Anzeiger» warf den Bernern «Doppelmoral» vor. Interessanterweise hatte das Blatt, das den ZSC Lions und deren Entscheidungsträgern nahesteht, 2017 kein Problem darin gesehen, als der ZSC dem EHC Kloten den Sportchef Pascal Müller abjagen wollte. Die Episode endete damit, dass Müller seinen Job kündete und Kloten abstieg. Es war bei beiden das letzte Mal, dass man sie in der National League sah.
Seltsames Ungleichgewicht
Auch sonst wurde über den Transfer sehr kontrovers diskutiert, was niemanden überrascht, da der Vorgang im Schweizer Sport selten ist: die Abwerbung eines Trainers oder Managers aus einem laufenden Vertrag heraus innerhalb der Liga. Dabei hat der Berner CEO Marc Lüthi am Mittwoch mit einem Satz eigentlich alles gesagt: «Raffainer ist der beste Mann für den Job.»
Wenn das die Erkenntnis ist und der Arbeitnehmer für die Avancen empfänglich ist: Warum sollte ein Klub davon absehen, zu versuchen, die bestmögliche Lösung zu realisieren? Auf dem Spielermarkt beispielsweise geschieht jahrein, jahraus das Gleiche. Man kann fehlende Loyalität bemängeln und von Doppelmoral reden, aber es lohnt sich schon, im Hinterkopf zu behalten, dass der Job des Sportchefs einer auf Zeit ist. Dann jedenfalls, wenn nicht gerade eine Pandemie wütet und die Klubs aus Kostengründen von Entlassungen absehen. Allein in den letzten zwei Jahren sind mit Roland Habisreutinger (Lugano), Alex Chatelain (Bern), Marco Bayer (SCL Tigers), Chris McSorley (Genf/Servette), Jan Alston (Lausanne) und mit Abstrichen auch Roger Maier (Rapperswil-Jona) sechs Manager aus ihren Ämtern entfernt worden. Wer Raffainer fehlende Loyalität unterstellt, verkennt die Mechanismen des Geschäfts.
Der Fehler liegt, wenn schon, im System: Wenn ein Spieler aus einem laufenden Vertrag heraus transferiert wird, erhält der abgebende Klub in der Regel eine Kompensation. Es gibt vermutlich in jedem Team nur eine Handvoll Spieler, die wertvoller sind als der fähige sportliche Leiter eines Klubs. Es ist ein seltsames Ungleichgewicht, dass die Vereine für den Abgang eines Mitläufers aus der dritten Linie besser gewappnet sind als für den Verlust des wichtigsten operativen Mitarbeiters. Aber weil die Manager hierzulande fast exklusiv unbefristete Arbeitsverträge mit regulärer Kündigungsfrist unterschreiben, können sie leicht und ohne Gegenwert abgeworben werden. Eine Änderung ist aufgrund des Arbeitsrechts fast unmöglich, anders als in Nordamerika, wo für Trainer und Manager Geldbeträge und Draft-Rechte getauscht werden.
Während der Wechsel von Raeto Raffainer zum SC Bern im Schweizer Eishockey sehr kontrovers diskutiert wird, stellt der HC Davos die Weichen für die Zukunft. Von Rapperswil-Jona kommt der umworbene Verteidiger Dominik Egli. Und der Cheftrainer Christian Wohlwend wird seinen Vertrag verlängern.
Nicola Berger
21.01.2021, 16.21 Uhr
Über den Transfer von Raeto Raffainer von Davos nach Bern wird kontrovers diskutiert.
Über den Transfer von Raeto Raffainer von Davos nach Bern wird kontrovers diskutiert.
Gian Ehrenzeller / Keystone
Der fliegende Wechsel des Davoser Sportchefs Raeto Raffainer zum SC Bern hat für viel Aufregung gesorgt. Der «Tages-Anzeiger» warf den Bernern «Doppelmoral» vor. Interessanterweise hatte das Blatt, das den ZSC Lions und deren Entscheidungsträgern nahesteht, 2017 kein Problem darin gesehen, als der ZSC dem EHC Kloten den Sportchef Pascal Müller abjagen wollte. Die Episode endete damit, dass Müller seinen Job kündete und Kloten abstieg. Es war bei beiden das letzte Mal, dass man sie in der National League sah.
Seltsames Ungleichgewicht
Auch sonst wurde über den Transfer sehr kontrovers diskutiert, was niemanden überrascht, da der Vorgang im Schweizer Sport selten ist: die Abwerbung eines Trainers oder Managers aus einem laufenden Vertrag heraus innerhalb der Liga. Dabei hat der Berner CEO Marc Lüthi am Mittwoch mit einem Satz eigentlich alles gesagt: «Raffainer ist der beste Mann für den Job.»
Wenn das die Erkenntnis ist und der Arbeitnehmer für die Avancen empfänglich ist: Warum sollte ein Klub davon absehen, zu versuchen, die bestmögliche Lösung zu realisieren? Auf dem Spielermarkt beispielsweise geschieht jahrein, jahraus das Gleiche. Man kann fehlende Loyalität bemängeln und von Doppelmoral reden, aber es lohnt sich schon, im Hinterkopf zu behalten, dass der Job des Sportchefs einer auf Zeit ist. Dann jedenfalls, wenn nicht gerade eine Pandemie wütet und die Klubs aus Kostengründen von Entlassungen absehen. Allein in den letzten zwei Jahren sind mit Roland Habisreutinger (Lugano), Alex Chatelain (Bern), Marco Bayer (SCL Tigers), Chris McSorley (Genf/Servette), Jan Alston (Lausanne) und mit Abstrichen auch Roger Maier (Rapperswil-Jona) sechs Manager aus ihren Ämtern entfernt worden. Wer Raffainer fehlende Loyalität unterstellt, verkennt die Mechanismen des Geschäfts.
Der Fehler liegt, wenn schon, im System: Wenn ein Spieler aus einem laufenden Vertrag heraus transferiert wird, erhält der abgebende Klub in der Regel eine Kompensation. Es gibt vermutlich in jedem Team nur eine Handvoll Spieler, die wertvoller sind als der fähige sportliche Leiter eines Klubs. Es ist ein seltsames Ungleichgewicht, dass die Vereine für den Abgang eines Mitläufers aus der dritten Linie besser gewappnet sind als für den Verlust des wichtigsten operativen Mitarbeiters. Aber weil die Manager hierzulande fast exklusiv unbefristete Arbeitsverträge mit regulärer Kündigungsfrist unterschreiben, können sie leicht und ohne Gegenwert abgeworben werden. Eine Änderung ist aufgrund des Arbeitsrechts fast unmöglich, anders als in Nordamerika, wo für Trainer und Manager Geldbeträge und Draft-Rechte getauscht werden.