FORUMS-Interview mit ARNO DEL CURTO

      FORUMS-Interview mit ARNO DEL CURTO

      Um das Forum etwas zu bereichern, habe ich mit Arno ein sehr ausführliches Interview gemacht, das ich hier nun ins Forum stelle. Da ich das Interview vor gut drei Wochen geführt habe und die Bearbeitung einige Zeit in Anspruch genommen hat, konnte ich das Interview erst jetzt veröffentlichen und nur den Saisonauftakt , nicht aber die gegenwärtige Situation, thematisieren. Es sind Fragen über verschiedene Themen-Bereiche drin (Vorbereitung, Saisonauftakt, Zukunft, Nachwuchs, Spengler-Cup, Persönliches).

      Möchte mich hiermit nochmals herzlichst bei Arno bedanken, dass er sich die Zeit genommen hat, so ausführlich und offen über verschiedene Fragen zu sprechen.
      Ein grosses Dankeschön!!!!!!!!!




      Vorbereitung

      Als Einstiegsfrage: Kennst du das offizielle HCD-Fan-Forum? Liest du da auch schon mal mit?
      Ich habe schon gehört davon, allerdings bin ich gar kein Internet-Freak, da ich einfach zu wenig Zeit habe. Ebenso besitze ich keine Mail-Adresse, respektive ich schaue sie gar nicht an, weil es einfach gar nicht möglich ist, eine solche Flut an Mails zu beantworten. Auch die Handynummer musste ich schon wechseln. Irgendwo muss ich mich auch noch schützen. Didi Albrecht vom Kristallclub informiert mich dann und wann über die Einträge im Forum.

      Man weiss von dir, dass du im Sommer grossen Abstand und Erholung brauchst, um deine Batterien wieder voll aufzuladen. Hast du das diesen Sommer wie gewohnt machen können? Verrätst du den Forumslesern, wo du überall warst?
      Da mich das Pokervirus gepackt hat und mich Didi Albrecht vom Kristallclub im Pokern gefördert hat, war ich insgesamt etwa sechs Wochen an Pokerturnieren. Ich war in Las Vegas, Monaco, Madrid, der Schweiz und in Österreich. Ansonsten spielte ich noch Golf, besuchte Konzerte oder war mit Kollegen unterwegs. Aber auch das Lesen wie auch Spaziergänge kamen nicht zu kurz, wo ich mir Gedanken über das Eishockey durch den Kopf gehen lasse.

      Es ist bekannt, dass ihr das Sommertraining extrem hart gestaltet. Gibt’s da in jedem Jahr nochmals eine Steigerung oder ist das gar nicht mehr möglich?
      Das ist eine Mär und wurde irgendwie mal falsch interpretiert. Es trainieren alle hart, einige sogar noch härter als wir, andere etwa gleich. Es wäre ein Affront gegenüber anderen Teams. Schliesslich ist der ZSC Meister geworden und nicht wir. Der Unterschied ist höchstens der, dass wir in Davos alle zusammen im Team trainieren, während bei einigen andern Clubs individuell und einzeln trainiert wird. Eine Steigerung ist immer möglich, aber nicht quantitativ, sondern qualitativ.

      Machst du die Planung für das Sommertraining oder ist da allein der Konditionstrainer verantwortlich?
      Ich sage, was ich will und der Konditionstrainer kann seine Nuancen daraus nehmen. Aber schlussendlich bin ich verantwortlich und bestimme, was gemacht wird, da ich ja für das Eistraining wissen muss, was konditionell gemacht wurde.

      Du versuchst ja, jedes Jahr neue Elemente ins Sommer-Training einzubauen. Gab es das dieses Jahr auch wieder?
      Boxen, aber nicht, dass wir mehr Faustkämpfe auf dem Eis erleben, sondern wegen der Kondition, der Schnellkraft, der Beweglichkeit und der koordinativen Fähigkeiten. Im Boxen sind viele Elemente drin, die auch für das Eishockey anwendbar sind. Beim Boxen braucht man wohl die beste Kondition, enorm viel Kraft und mentale Stärke. Ein Boxer muss auch nach einem Treffer und bei hohem Puls mental auf der Höhe bleiben. Das kann auch auf dem Eisfeld hilfreich sein, wenn es im Spiel hart auf hart geht und man am Anschlag läuft.

      Wichtig ist ja auch, dass alle Spieler eine komplette Vorbereitung durchmachen können. Konnten alle Spieler das Sommertraining und die Vorbereitung mehr oder weniger komplett absolvieren?
      Nein, Verletzte mussten aussetzen, die Angeschlagenen reduziert trainieren und die Älteren einige Schonpausen einlegen. Es könnte besser sein, aber wir müssen schauen, dass wir das wieder hinkriegen.

      Auf welche Aspekte hast Du bei der Vorbereitung auf dem Eis und bei den Spielen besonders geachtet?
      Auf das Transition-Spiel, das wir zwar schon lange betreiben, aber nicht wirklich spielen, sondern etwas unschön ausgedrückt „würgen“. Aber damit wir es sauber und perfekt spielen können, wird noch viel Zeit vergehen. In Prozent ausgedrückt ist es im Moment etwa bei 50%:50%, halb „gespielt“, halb „gewürgt“. Das Perfekte bleibt wohl ein Traum, aber wir versuchen, so nahe wie möglich an das Maximum zu kommen oder zumindest immer wieder Teile daraus zu verbessern, wie die Konzentration, das Freilaufen, die Bewegung, die Scheibenannahme.

      Spürst du schon Verbesserungen bei den Schüssen, die ihr ja schon im Sommer als Trockenübung intensiv trainiert habt?
      Es gibt immer ein wenig kleine Verbesserungen, aber was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Das muss man im Nachwuchs machen und anwenden. Grössere Verbesserungen sind später fast unmöglich, wenn man es nicht von klein auf gelernt hat. Es gibt ein paar Spieler, die grossen Willen haben, bei denen am ehesten eine Steigerung da ist. Aber das ist harte Arbeit. Wenn man es nie gelernt hat, dann ist man im Kopf ganz anders gepolt. Wir Schweizer sind uns gewohnt, immer zu passen, statt zu schiessen. Wichtig ist, dass man einfach hartnäckig dranbleibt, dann sind gewisse Verbesserungen zu sehen, aber nicht bei allen.

      Während einer Vorbereitung werden die Karten immer wieder neu gemischt. Gibt es da Spieler, die besonders aufgefallen sind und sich positiv entwickelt haben?
      Ja, das gibt es. Vor allem die ganz jungen und neuen Spieler haben oder werden noch Riesensprünge machen. Aber auch die noch junge Mittelschicht hat noch Potenzial nach oben und kann weitere Sprünge machen. Sogar bei den Älteren sind noch kleine Sprünge möglich. Aber es ist alles eine Frage des Willens, der Geduld und der Hartnäckigkeit.

      Wie viel Zeit nimmst du dir, mit einem Spieler persönliche Gespräche zu führen?
      Ja, ich führe viele Gespräche, über alles. Im Moment vor allem über den Teamgedanken, was es heisst, in einem Team und miteinander zu spielen. Was es bedeutet, wenn einer in einem Block nicht richtig mitmacht, was dann passieren kann. Ihm beizubringen, dass das wichtig ist und dass er das für seinen Kollegen machen muss. Was es braucht, um das Hockey weiterzuentwickeln. Auch spricht man über einzeltaktische Dinge und über alle Elemente des Eishockeys: Das Boxplay, das Powerplay, das Pressing und, und, und.… Dann aber auch über das Mentale: Was man machen muss, um bereit zu sein, wie man dafür leben muss und über das Verhalten allgemein, nicht nur auf dem Eisfeld. Man muss ihnen das auch das ganze Jahr vorleben. Ebenso spreche ich auch über Privates, über die Musik etc., also extrem viel, über das gesprochen wird.

      Sind die Spieler mit dir per „Du“ oder wie handhabst du das?
      Ja klar, alle, auch die Jungen. Das ist wichtig für mich. Es ist nicht immer alles richtig, was man in einem Trainer- oder Businesskurs lernt. Viele Wege führen nach Rom, niemand hat die Weisheit mit dem Löffel gegessen, auch ich nicht.

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      Neue Saison/Ziele

      Nach dem frühen Ausscheiden gegen den ZSC warst du gegen aussen relativ ruhig und gelassen. Doch in dir drinnen muss es doch gebrodelt haben?
      Musste ich ja. Es war für mich so klar, schon ab Januar. Man kann es nicht verstehen, aber durch die vielen Verletzten mussten die noch vorhandenen Spieler im November/Dezember/Januar extrem forciert werden. Wir blieben dadurch trotzdem erfolgreich, aber nur, weil alle, die noch auf dem Eis standen, extrem gekrampft haben, extrem. Irgendwann geht das dann aber nicht mehr und so waren wir in den Playoffs fix und fertig, einfach platt. Das war zwar schon im Januar so, aber da wurden viele Spiele mit viel Dusel und nur dank Genoni gewonnen. Einige Spieler kamen zwar auf die Playoffs wieder dazu, aber völlig ohne Training und nicht fit, andere immer noch angeschlagen oder fitgespritzt. Marha konnte im Spiel in Zürich wegen seiner Verletzung keine Wendungen und Drehungen machen, bekam allein in diesem Spiel drei Tore, während er die ganze Saison nur sieben bekam. Im Nachhinein kann man sagen, dass man sich besser geschont hätte, auch wenn dadurch Niederlagen entstanden wären. Aber das wollten wir nicht und die Fans hätten wohl auch keine Freude gehabt, wenn wir zehnmal hintereinander einfach verloren hätten. So haben wir uns entschieden, den Spengler Cup holen zu wollen und in der Tabelle bis am Schluss anzugreifen und vorne zu bleiben. So war es für mich dann keine Überraschung, dass wir ausgeschieden sind. Versucht haben wir natürlich dennoch alles, so klar wie die Serie waren die Spiele nämlich nicht. Das erste Spiel hätten wir anhand des Spielgeschehens eigentlich gewinnen müssen, dann wäre die Serie vielleicht auch in eine andere Richtung gelaufen. Insgesamt konnten wir wegen der schon angetönten Umständen aber einfach nicht mehr zulegen und so sind die Playoffs unglücklich verlaufen, darum konnte ich der Mannschaft und auch keinem Spieler böse sein und musste die Niederlage akzeptieren. Zornig wäre ich nur gewesen, wenn wir die ganze Saison und in den Playoffs komplett gewesen wären und die Mannschaft nicht alles gegeben hätte. Das hätte ich nicht akzeptiert, aber in diesem Fall muss man den Kopf einschalten, realistisch analysieren und es dann einfach akzeptieren.

      Kann man gewisse Verletzungen in Zukunft verhindern?
      Wir haben das analysiert und haben uns gefragt, ob wir irgendwo Fehler gemacht haben. Wir hatten fünf Hirnerschütterungen, vier Syndesmosebandrisse, drei Seitenbandrisse, alles Verletzungen, die nicht zu verhindern waren. Wenn Knie auf Knie stösst, dann kann es halt zu einem Bandriss kommen. Ebenso sind Hirnerschütterungen nicht zu vermeiden, es gibt nun mal Körperkontakt im Eishockey. Ganze zwei Verletzungen waren muskulär. Deshalb haben wir das akzeptieren müssen.

      Nach dem Playoff-Out hast du gesagt, dass man über die Bücher gehen muss. War das nur bezüglich eines breiteren Kaders gemeint oder sind damit auch andere Dinge verbunden, vielleicht taktische?
      Ein Mensch, der weiterkommen will, muss immer über die Bücher. Wir wollen uns weiterentwickeln und modernes Eishockey spielen. Wir leben in einer Randregion und müssen um jeden Zuschauer kämpfen und ihnen etwas bieten. Das kann man nur, wenn man offensiv und modern spielt. Zudem kann man sich nur mit offensivem Hockey weiterentwickeln, anders ist das gar nicht möglich.

      Für die neue Saison hast du ja mehrere junge Spieler geholt (Ronchetti, Corvi, Muller, Schommer, Ryser, Hofmann, Schneeberger) Was kannst du zu ihnen sagen, können diese Spieler schon eine entscheidende Rolle spielen?
      Wie ich schon gesagt habe, sind bei allen Spielern grosse Sprünge möglich und ist das Potenzial vorhanden. Aber es braucht Zeit und Geduld, grossen Willen und harte Arbeit. Nicht alle Entwicklungen sind bei jungen Spielern, Talent hin oder her, absehbar. Es gibt immer viele Einflüsse, wie Verletzungen etc, die man nicht immer steuern oder kontrollieren kann. Aber viele Grundvoraussetzungen sind für eine positive Entwicklung vorhanden.

      Wie bereitest du dich auf eine neue Saison vor, was die Gegner betrifft. Gehst du da verschiedene Vorbereitungs-Spiele anschauen oder informierst du dich per Medien? Liest du die Saisonvorschauen, die in den versch. Zeitungen stehen?
      Ich habe so viel zu tun mit meiner Mannschaft und dem Training, dass ich keine Zeit habe, andere Gegner zu beobachten. Jedoch kann man jemanden schicken, um dies mal zu tun. Grundsätzlich will ich meine Mannschaft entwickeln und da macht es keinen Sinn, die Gegner zu beobachten, um so irgendein Tor verhindern zu können. Ich will entwickeln und nicht verhindern. Aber die Vorschauen interessieren mich schon und die lese ich auch.

      Erwartest du für die neue Saison grössere Verschiebungen in der Rangliste oder wird es etwa wieder so aussehen wie letztes Jahr? Wo siehst du da deine Mannschaft?
      Ich glaube, es wird Verschiebungen geben. Es wird wahrscheinlich zwei, drei Mannschaften geben, ja vielleicht vier, die vorne wegziehen. Dann vielleicht eine, die zwischendrin ist. Der Rest wird um die Plätze sechs bis zwölf kämpfen. Wenn wir das umsetzen können, was wir besprechen und trainieren und die Kraft haben, dann können wir etwas erreichen, aber es muss alles stimmen. Während der Vorbereitung war die Harmonie da, jetzt bei den ersten beiden Saisonspielen fehlte sie plötzlich und wir wurden nervös, was für uns unüblich und für mich völlig neu war. Das ist doch ein Zeichen, dass viele Junge dabei sind und noch nicht so weit sind. Die Mannschaft und die Jungen brauchen einfach Zeit, um sich zu entwickeln, daher wird es doch sehr schwer. Es kann sein, dass es uns gelingt, aber ebenso ist auch eine andere Richtung möglich. Kommt dazu, dass der grosse Erfolg, den einige Spieler schon erlebt haben, halt doch in den Köpfen drin ist und ihnen im Unterbewusstsein das Gefühl gibt, dass es einfach immer so weitergeht. Dass man mal nachlassen kann und man trotzdem gewinnt, was bis jetzt der Fall war in der Vergangenheit. Daher müssen wir wieder lernen, dass es jetzt wirklich bei Null beginnt und man hart arbeiten muss. Das muss jetzt in die Köpfe rein. Wenn das gelingt, können wir etwas erreichen, sonst nicht.

      Bereitest du die Mannschaft jedes Mal speziell auf einen Gegner vor oder geht man grundsätzlich einfach aufs Eis und will sein eigenes Spiel durchziehen?
      Wir wollen hauptsächlich unser Spiel durchziehen. Natürlich werden gewisse Dinge über den Gegner angesprochen, aber es kommt auch auf den Zeitpunkt der Saison an, ob es am Anfang der Saison, vor einem wichtigen Spiel oder in den Playoffs ist. Es sind aber nur Nuancen, die da kurz angesprochen werden. Grundsätzlich konzentrieren und besprechen wir unser Spiel.

      Du bist ja sehr ehrgeizig und möchtest die Mannschaft ja immer zum perfekten Spiel und zum Sieg trimmen.
      Ja, das ist mein Lebenselixier.

      Ärgern dich eigentlich Niederlagen oder kannst du damit gut umgehen?
      Ich kann damit umgehen, weil ich weiss, dass ich dann einfach noch härter arbeiten muss. Alle haben das Gefühl, ich schaffe einen Umbruch locker in einem Jahr. Wenn es dann nicht so rund läuft und wir nicht jedes Spiel gewinnen, dann kommen dann diese dummen Fragen, über die ich mich schon ärgere. Man muss einfach ruhig bleiben und dem ausweichen, aber trotzdem ist es einem natürlich präsent, welche unrealistischen Erwartungen gewisse Leute haben, obwohl sie ja gar nicht ins Innenleben einer Mannschaft sehen. Ich bin so nahe dran, kenne und sehe ja alles, darum bin ich ganz anders vorbereitet und kenne die Gründe, wenn es nicht so läuft, wie ich mir das vorstelle. Grundsätzlich muss man einfach mal sagen, dass der Mannschaftssport schwer, ihn zu verstehen noch schwerer, ist. Deshalb muss man viele interne Dinge wissen und kennen, um zu verstehen, was und wieso funktioniert – oder eben nicht. Man müsste es auch selber mal ausgeübt haben, um zu wissen, wie schnell dies und das zu erreichen ist. Und da fehlt natürlich schon einiges und damit habe ich dann schon meine Mühe, wenn ich gewisse Leute höre. Für mich gilt einfach, weiterzuarbeiten und es wieder hinzukriegen, wenn etwas nicht so läuft, wie ich es im Kopf habe.

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      Du sprichst ja immer wieder von dieser Genügsamkeit nach all den erfolgreichen Saisons, die viele Spieler der Mannschaft schon erlebt haben. Einerseits musst du das austreiben, andererseits möchtest du die Mannschaft und die Spieler ständig besser und schneller machen. Ist beides überhaupt möglich.
      Ob es möglich ist, weiss ich nicht, man muss es einfach probieren, daran arbeiten und nicht aufgeben. Das ist das Wichtigste, alles andere ist eine Bankrotterklärung an die Fans, die Sponsoren und Gönner. Ich kann ja nicht hinstehen und ihnen sagen, dass dies und das nicht möglich ist und es nicht funktioniert. Das gibt es bei mir nicht, so etwas kenne ich nicht. Dann müsste ich gehen.

      Das Ziel ist ja, noch schneller, härter und zielstrebiger zu spielen. Siehst du da schon Fortschritte? Wie lange dauert so ein Prozess, damit es auch für den Zuschauer ersichtlich wird?
      Im Training schon. Aber dafür braucht man die Technik dazu und da ist die Ausbildung das wichtigste. Barcelona ist das beste Beispiel, die sind von unten nach oben entwickelt worden, das haben wir nicht. Bei uns kommen sie von unten und es fehlt ihnen da und dort etwas. Aber wir sind ja auch daran, das zu verbessern, aber das ist schwierig. Dafür musst du viel investieren, brauchst die entsprechenden Leute und Nachwuchstrainer dazu. Aber auch Personen, die wiederum diese Trainer ausbilden, führen und das Ganze leiten. Es sind also viele Dinge nötig, um das zu verbessern und da sehe ich bei den Spielern, die von unten kommen, eben einen Mangel, was die Technik und zum Teil auch die Taktik betrifft. So kommt es dann eben vor, dass wir alles richtig machen und im entscheidenden Moment steht einer am falschen Ort oder kann die Scheibe nicht mehr kontrollieren. Aber ansonsten machen wir im Training schon Fortschritte. Ich trainiere auch lieber und häufiger mit der Scheibe als gegen die Scheibe, damit ist eine Weiterentwicklung und etwas Kreatives möglich, was auch für die Zuschauer schöner ist. Aber es geht nun leider einfach nicht von heute auf morgen und es ist schwer, dass es auch für den Zuschauer ersichtlich wird. Wichtig ist einfach, immer dranzubleiben und man muss daran glauben, dann klappt es auch.

      Wenn du einen Vergleich ziehst mit den ersten Jahren beim HCD, gibt’s da grosse Unterschiede zu dem, wie du heute trainierst? Beispielsweise wie du das Training gestaltest, wie du mit den Spielern umgehst oder was die Taktik betrifft?
      Ja, gewaltige Unterschiede. Wenn ich einen Vergleich zu meinen ersten Trainerjahren ziehe, dann kann ich darüber nur lachen, das sind Welten. Da sind in allen Bereichen riesige Differenzen, sowohl was die Taktik oder das System betrifft, sprich halt alle Elemente, die das Eishockey ausmachen: Technik, Intensität, Skills, Powerplay, Boxplay und, und, und…... Das Leben geht immer weiter und man muss mit der Entwicklung weitergehen und sie annehmen und verbessern.

      Was machst du konkret, dass auch du dich immer noch weiterentwickeln kannst?
      Eigentlich sollte ich nichts machen, ich sollte mich stoppen. Wichtig für meine Entwicklung ist mein Kopf, wo ich meine Ideen und Lösungen herhole. Man kann gewisse Dinge schon von „aussen“ herholen, zum Beispiel aus der Literatur. Wenn ich etwas lese und dann genau versuche, es nachzuahmen, dann funktioniert das nicht. Aber wichtig ist, dass man authentisch bleibt. Man ist so, wie man ist. Entweder kann man etwas sagen und sich durchsetzen, oder man kann es nicht. Eine natürliche Autorität kann man kaum lernen. Man braucht einfach seinen eigenen Stil, muss darin durch die Erfahrungen seine Fehler korrigieren und die guten Sachen behalten und immer wieder Neues ausprobieren.


      Aktuelle Situation

      Wie beurteilst und analysierst du die ersten beiden Spiele der Saison?
      Im ersten Spiel war ich sehr überrascht, dass wir Nerven gezeigt haben, das war für mich total neu, das kannte ich von meiner Mannschaft in dieser Art noch nicht. Deshalb war es hart für mich. Gegen Kloten haben wir gut begonnen, einige schöne Spielzüge gezeigt und plötzlich kam dieser Zusammenbruch. Obwohl ich schon gehofft habe, dass das nicht passiert, hat es mir eben gezeigt, dass wir viele junge Spieler haben und die Mittelschicht und die Älteren das nicht kompensieren können. Gegen Rappi haben wir eine anständige Leistung gezeigt. Das Problem dort war, dass die Goals nicht gekommen sind und das dann auch wieder verunsichert. Doch immerhin war das Nervenkostüm gegen Rappi wieder besser. Insgesamt könnte ich mir vorstellen, dass wir in einigen Wochen und Monaten eine ganz gute Truppe sehen werden, falls die Mannschaft es „checkt“ und sie merkt und lernt, Verantwortung zu übernehmen. Aber wir sind an einem Punkt, wo es jetzt sehr hart ist und auch in eine andere Richtung gehen kann. Wenn man eine Mannschaft umkrempelt, kann es schon oft vorkommen, dass man dann grosse Mühe bekommt. Das hat man bei vielen andern Teams in der Vergangenheit schon gesehen.

      Einige Spieler sind noch nicht zum Einsatz gekommen, Neuenschwander, Ronchetti, Sieber. Wie planst du mit ihnen?
      Sieber haben wir letztes Jahr zu stark forciert, das war nicht gut, so machen wir ihn „kaputt“. Er hat gespielt, weil wir zu viele Verletzte hatten. Er kam direkt von den Novizen, hatte noch nie richtig Kraft trainiert und wurde ins kalte Wasser geworfen. So eine Forcierung ist für so einen blutjungen Spieler sehr gefährlich. Er muss nun behutsam aufgebaut werden, muss Kraft trainieren, sich in der Technik und der Taktik verbessern und dann kommt das wieder gut. Aber wir müssen ihm die Zeit geben und ihn wieder schrittweise einfügen, dann ist das für ihn und für uns gut.Die andern Spieler werden ihre Einsätze auch noch haben, ich kann halt einfach nur 20 Spieler einsetzen.

      Was erwartest du von Thornton und Nash? Sind sie schon fit, um voll einzusteigen?
      Thornton war bei uns im Sommertraining, aber es ist klar, dass beide ihre Zeit brauchen, um voll auf Touren zu kommen. Beide haben ja keine Spiele in den Beinen und werden daher Spiele brauchen, um den Rhythmus zu finden. Die Frage ist auch, ob sie diese Zeit nur als Gag oder Plausch sehen. Auch sie müssen sich ins Teamgefüge einbringen und das machen, was ich von ihnen verlange. Aber ich kenne beide und sie kennen mich und das Team, was ein Vorteil ist. Deshalb sehe ich da keine Probleme. Zudem wissen sie auch, dass wir sie auch speziell für die Fans des HCD holen und dass sie ihnen etwas bieten müssen. Das werden sie auch tun, sie wollen ja auch für sich profitieren.

      Du pokerst ja gerne und bist gut über die NHL informiert. Hast du vielleicht schon im Sommer damit gepokert, dass es zu einem Ausfall kommt und das auch ein Grund war, einen Platz für einen Ausländer offen zu halten?
      Nein, am Anfang nicht. Es war für uns immer klar, dass wir mit drei Ausländern in die Saison gehen. Irgendwann später wurde es dann wahrscheinlich, dass es zu einem Lockout kommt, somit war unsere Entscheidung dann ein Vorteil, dass wir einen oder sogar beide holen können und das schon frühzeitig mit ihnen planen konnten. Beim letzten Lockout war es jedoch Poker hoch drei, dort haben wir alles auf eine Karte gesetzt.

      Wie ist der aktuelle Stand bei Peter Guggisberg? Sind da die Chancen aus medizinischer Sicht wirklich noch da, dass er wieder vollständig gesund wird und seine Karriere fortsetzen kann?Sind da Fehler passiert?
      Guggisberg wurde nach seinem ersten Kreuzbandriss mit einer Methode operiert, die für ihn nichts gebracht hat. Für ihn war es der falsche Entscheid. Nun wurde er mit der konventionellen Methode operiert und jetzt sollte es klappen, dass er wieder fit und gesund wird. Er hat sehr gute körperliche Voraussetzungen und kann sehr schnell wieder Muskeln zulegen, daher bin ich überzeugt, dass er es wieder schafft. Viele glauben, dass er nicht mehr zurückkehrt, aber man muss positiv denken und das Negative nicht zulassen. Dabei helfe ich ihm. Wenn alles normal verläuft, könnte er in den Playoffs wieder spielen.

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      Nachwuchs/Zukunft/Spengler-Cup

      Aus bekannten Gründen musst du die Mannschaft ja schrittweise verändern. Nur mit jungen und unerfahrenen Leuten wird das wohl kaum möglich sein. Ein, zwei erfahrene, fertige Spieler müssen da wohl geholt werden. Hast du da Namen im Kopf?
      Lassen wir die Saison erstmal durchlaufen. Aber klar ist, dass wir schon ein, zwei gestandene Spieler brauchen, um unsere Achse zu ersetzen. Das habe ich natürlich schon im Kopf. Um welche Namen es sich dabei handelt, kann man ja in etwa erahnen. Aber ob man die dann holen kann, ist wieder eine andere Geschichte. Jetzt gehen wir mal in die neue Saison und konzentrieren uns auf unsere Spieler.

      Wie muss man sich das vorstellen, wenn ihr einen neuen Spieler verpflichtet. Triffst du diese Spieler, rufst du sie an oder hast du dafür Leute, die das machen?
      Da gibt’s einige Möglichkeiten. Erstens müssen die Spieler mal auf einer Agentenliste sein, dann weiss man über Mund-zu-Mund-Propaganda, wenn ein Spieler gerne wechseln würde. Oder es gibt Mitspieler, die etwas von einem Spieler vernehmen. Zudem weiss man auch, welche Verträge auslaufen. So ruft man mal den Agenten an, dann mal den Spieler selber, führt mal ein, zwei persönliche Gespräche und merkt dann irgendwann, ob ein Spieler warm wird und Interesse hat. Dann kann es zu einem Abschluss kommen.

      Wie bringt man einen Spieler nach Davos?
      Die Spieler wissen, dass Davos eine Mannschaft hat, die zusammenhält und ein Spieler gut aufgenommen wird. Dann haben wir den Spengler-Cup und im Winter scheint in Davos oft die Sonne. Ebenso wissen sie, dass wir ein Club sind, der ihnen Zeit gibt und bei dem man sich entwickeln kann. Zudem hatten wir in der Vergangenheit ja einigen Erfolg, was für einen Spieler auch entscheidend sein kann.

      Führst du selber Verhandlungen, wenn es um einen Vertrag geht?
      Ja, das mache ich, aber immer noch in Absprache mit dem Verwaltungsratspräsidenten. Ich kenne das Budget und kann mich darin bewegen und weiss, welchen finanziellen Spielraum ich habe. Die fertigen Verträge mit allen Details macht dann auch der Präsident, weil er Anwalt ist und diese Formalitäten mit allen Klauseln kennt.

      Kommen wir noch kurz auf den Spengler Cup zu sprechen:Bist du in den Planungen einbezogen, zum Beispiel was die Mannschaften betrifft? Hast du da jeweils konkrete Wünsche betreffend der Gegner?
      Nein, ich habe sonst genug zu tun. Das macht allein das Spengler-Cup OK, da pfusche ich nicht noch drein.

      Was sagst du zur entstandenen Lösung, dass ihr andere Teams in der bekannten Grössenordnung entschädigen müsst? Ist das für dich fair? Könnt ihr das irgendwie kompensieren?
      Kann nur soviel sagen: Wir sind ein Randclub und haben nicht die gleichen Möglichkeiten wie andere Clubs. Zudem bringen wir viele Fans in die Stadien, der Spengler Cup ist ein wichtiger Faktor für das Schweizer Eishockey. Das wird meiner Meinung nach zu wenig goutiert. Es sind halt alles Unternehmen und da wird einfach gerungen, das ist nun mal so. Schliesslich gewinnt der Stärkere. Mit Thornton und Nash, die ja extern bezahlt werden, bringen wir hoffentlich mehr Zuschauer nach Davos, das könnte etwas bringen, auch im Merchandising-Bereich. Und dann hoffen wir auch auf Goodwill, das schafft ja auch Goodwill. Einige finden zwar, dass es dadurch eine Verfälschung der Meisterschaft gibt, was ja eigentlich auch stimmt. Aber wir können ja nichts dafür.

      Wie siehst du die Zukunft des Vereins?
      Wenn man den Spengler-Cup noch lange hat, die jungen Spieler in dem Masse ausgebildet werden, wie man sich das vorstellt und weiterhin auch Spieler nach Davos kommen und wenn die Fans auch die Geduld haben, um härtere Zeiten durchzumachen, dann kann Davos noch sehr lange überleben. Wenn das aber alles einmal nicht mehr der Fall wäre, dann würde es düster aussehen.

      Wenn du zu Hause bist, kannst du da während einer Saison überhaupt mal stundenweise abschalten oder läuft da auch noch der TV mit Eishockey?
      Nein, ganz selten. Ich schaue höchstens mal ganz gemütlich ein NHL-Spiel oder ein Spiel unserer Meisterschaft, wenn wir gerade frei haben. Mittlerweile kann ich aber zu Hause ganz gut abschalten. Früher habe ich nächtelang noch über dies und das nachstudiert. Das mach ich nun nicht mehr, weil ich weiss, dass es nichts mehr bringt. So kann ich völlig gelassen mal ein Buch lesen oder gemütlich ein Glas Wein trinken.


      Persönliches

      Spielst du noch Klavier? Nein, nicht mehr.
      Fährst du Ski? Nein, auch nicht mehr. Früher war ich oft auf den Skipisten.
      Bist du ein Shopper? Nein.
      Was ist deine Lieblingsspeise/Lieblingsgetränk? Einfach und einen guten Wein.
      Dein Lieblingsfilm? Halt alle alten, berühmten Klassiker.
      Deine Lieblingsmusik? Alles, aber meine absolute Lieblingsband ist Rage Against the Machine.
      Deine Lieblingsstadt? Viele Städte auf der ganzen Welt, am liebsten aber mag ich New York.
      Wo würdest du mal gerne hingehen? Australien, dort war ich noch nie. Aber am liebsten bin ich in der ganzen Schweiz unterwegs, Tessin, Welschland, Innerschweiz, an den vielen Seen in der Schweiz…….


      Schlusswort

      Zum Schluss noch ein Wort an die Forumsleser/schreiber:
      Wir sind nun in einer Umbruchphase. Die älteren Spieler muss man halt doch leider bald mal ersetzen. Sie haben einiges geleistet für die Mannschaft. Ich habe viele neue Sachen gemacht, wo sie mich unterstützt haben und mit mir diesen Weg gegangen sind und Verantwortung übernommen haben. Jetzt müssen wir wieder diese Leute finden, damit die Hierarchie wieder stimmt und sie mitziehen und Spass haben. Marha hat heute noch grossen Spass, wenn ich mit neuen Ideen komme, auch wenn es für ihn hart ist. So einen könnte ich nie fallen lassen, nie. Der Umbruch findet statt und die Mittelschicht braucht Zeit, um sich langsam daran zu gewöhnen, dass sie die Verantwortung tragen muss. Genauso brauchen die Jungen Zeit, um sich an die Mittelschicht heranzutasten. Die zwei, drei Spieler, die wir noch holen müssen, die müssen sofort bereit sein, um in die Fussstapfen der „alten“ Garde zu treten. Dann braucht es ein wenig Zeit und wir wollen für die Fans das Beste und schaffen, schaffen, schaffen dafür. Ich bitte die Fans, dass sie etwas Geduld aufbringen, wenn es mal nicht nach ihren und unseren Wünschen läuft. Die Vorstellung, dass man im ungeraden Jahr wieder Meister wird, sollte man verschwinden lassen, so darf man nicht denken. Es gibt auch noch Gegner, die etwas erreichen wollen und von denen man Respekt haben muss. Gebt uns die Zeit, wir wollen so schnell wie immer möglich vorwärts kommen, dass wir wieder dabei sind und die Fans Freude haben. Ich möchte, dass die Fans zufrieden sind, dass die Sponsoren zufrieden sind, dann bin auch ich zufrieden und die Mannschaft ist es auch. Und daran arbeiten wir, auch für euch.

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      @eismeister

      Das hast Du prima gemacht. Gratuliere. :top: Und Arno ist nicht nur ein "Meister des Eishockeys", sondern er versteht es wie kein zweiter, die ganze HCD-Familie über alle Jahre zusammenzuhalten, in guten wie in schlechten Zeiten. Zudem reicht sein Horizont weit über das Eishockey hinaus. Das merkt man spätestens dann, wenn man die Gelegenheit hat, länger mit ihm zu reden. In Spontan-Interviews am TV ist das völlig unmöglich, denn die Art der Fragen sind manchmal unsäglich: " Het jetz de HCD e Krise?" "Was bedütet die Niederlag für Sie?" etc.

      Gut gemacht, eismeister!
      Unsere Heimat ist die Schweiz. Aber die Heimat der Schweiz ist Europa. (Peter von Matt)
      Sehr interessantes Interview von Arno und danke für das Schlusswort. Es ist nunmal so und die vielen Hockeytouristen wo dachten Davos wäre eine Ausnahme-Mannschaft, die jedes Jahr Meister werden kann, sehen vielleicht jetzt auch mal ein, wie die Realität aussieht.
      !!!! Meine Meinung !!!!

      2011 - 90 JAHRE - 45 TITEL "30 MEISTERTITEL - 15 SPENGLER-CUP-TURNIERSIEGE"

      eismeister schrieb:


      Aus bekannten Gründen musst du die Mannschaft ja schrittweise verändern. Nur mit jungen und unerfahrenen Leuten wird das wohl kaum möglich sein. Ein, zwei erfahrene, fertige Spieler müssen da wohl geholt werden. Hast du da Namen im Kopf?
      Lassen wir die Saison erstmal durchlaufen. Aber klar ist, dass wir schon ein, zwei gestandene Spieler brauchen, um unsere Achse zu ersetzen. Das habe ich natürlich schon im Kopf. Um welche Namen es sich dabei handelt, kann man ja in etwa erahnen. Aber ob man die dann holen kann, ist wieder eine andere Geschichte. Jetzt gehen wir mal in die neue Saison und konzentrieren uns auf unsere Spieler.


      Mit Walser ist der erste Wunschspieler mal da, der zweite ist auch leicht zu erahnen, Ambühl, klaro.